Komm doch mit strööfe. (Teil 3)
Ein Bewegungsmuster innerhalb der Begau 1965 an einem Samstag.
„Komm wir gehen nach Meier. Ich glaube die kosten 5 Pfennig.“ Wie immer wird Matthias geschickt. Nach ein paar Minuten kommt er mit der Schachtel Streichhölzer zurück.
Wir laufen den Siedlerweg runter bis zur Litfassäule und setzen uns erst einmal auf die Bank. „Wo wollen wir es diesmal machen“?, kommt sofort die Frage von Peter. Matthias meint „ziemlich nahe beim Roten?“. „Ja das wird eine Riesenschau, stimmen alle zu.“ Wir gehen am Feld vorbei bis wir den Trampelpfad Richtung Wardener Sportplatz erreichen. Hier biegen wir in Richtung Warden ab. Unser Blick ist ständig nach links gerichtet. Wir beobachten ob sich an der alten Bretterbaracke irgendetwas bewegt, denn der Rote bringt es fertig und schießt mit seinem Luftgewehr zur Abschreckung. Das wäre nicht das Erste mal. Wir hüpfen nun alle in den Graben (das ist ein guter Sichtschutz). Etwa in der Mitte des Feldes zwischen Begau und Warden halten wir an und holen nun die Steichhölzer heraus. Das Spiel heißt „flämmen“.
Wir versuchen das trockene Gras in der Böschung des Baches in Brand zu setzten. Das gelingt auch, jedoch nur mit sehr viel Qualm. Unser Beobachtungsposten hält weiter die Baracke und den Trampelpfad im Auge. Jetzt haben wir eine offen Flamme in der linken Seite der Böschung. Zeit zum Rückzug. Wir schleichen uns im Bachbett wieder zurück zum Trampelpfad der zum Judenfriedhof hinauf führt.
Weithin sichtbar sind nun die Rauchwolken die auf einer Strecke von jetzt fast 15 m über dem Bach stehen. Wir empfinden eine große Freude über die gelungene Aktion. Wir laufen nun alle zur roten Bank in der Graat. Hinter der Bank klettern wir durch das Gebüsch etwas hoch und können nun die Hütte des „Roten“ sehr gut beobachten. Aber unsere Freude wird gedämpft. Der Rote hat heute keine Lust auf Ärger oder er ist gar nicht zu Hause. Wir sind ein wenig enttäuscht über die nun doch misslungene Aktion.
Die Glocken läuten 12:00 Uhr. Wir sprechen uns ab, dass wir uns nach dem Mittagessen alle auf dem neuen Kinderspielplatz am Trafohäuschen treffen.
Da die Begau vor drei Jahren einen neuen Sportplatz bekommen hat kann ich nun nicht mehr über den Sportplatz nach Hause laufen. Zu diesem Zeitpunkt ist der Platz schon abgezäunt.
Am Nachmittag sind wieder alle da. Wir spielen eine zeitlang auf dem Kinderspielplatz und bauen eine große Sandburg. „Kommt einer mit in unseren Wald?“, fragt Norbert. Natürlich, alle kommen mit. So laufen wir dann die Ehrenstraße hoch bis zur Kirche und biegen dann links ab.
Schon geht das erste Spiel im Gebüsch zwischen den Bäumen los. Man hört eine hohe Stimme: „ Eckstein, Eckstein alles muss versteckt sein, hinter mir und vor mir gillet et nicht; eins, zwei, drei ich komme". Im Grüngürtel ist es muksmäuschen still. Keiner will sein Versteck verraten. Plötzlich hört man Stimmen: „Hab dich, du bist dran!“. Mit diesem Spiel verbringen wir den Nachmittag. Als um 18:00 Uhr die Glocken läuten fällt uns wieder auf wie nahe wir an der Kirche sind. Es ist verdammt laut. Nachdem das Läuten zu Ende ist verabschieden wir uns und ich gehe zusammen mit Matthias den Grüngürtel entlang bis zu Michaelstraße und anschließend durch die Gasse nach Hause.
Eine Bemerkung: So gebannt wie ich früher den Geschichten meines Opas gelauscht habe genauso hört mir heute mein Enkel zu. Er hat schon des öfteren traurig gesagt:“Ich wäre auch lieber in den Sechzigern Kind gewesen“. Ich kann das sehr gut verstehen. Ich bin kein Feind von Elektronik (Computer, Handy usw.) aber es ist klar, dass diese Geräte den Verbund, das Miteinander von Kindern zerstören. Eines ist auch klar. Wir „alten“ haben eine ganz besondere, wunderschöne Kindheit in der Begau erlebt.
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