Freitag, 8. April 2016

Und täglich grüßt das Murmeltier



 Wenn sich alles wiederholt. Ein Morgen wie jeder andere.






 
Weit, weit entfernt kräht ein Hahn. Langsam etabliert das Unterbewußtsein einen unangenehmen Gedanken. Die Empfin-dungsstärke der Sinnesorgane steigt. Der schrille Ton des Weckers zerschneidet rücksichtslos die wunderbare Stille der Nacht. Reaktionsschnell findet seine Hand die Abstelltaste. Die wohltuende Wärme der beschützendenZwischenwelt wird radikal von der Realität verdrängt.
 

Es beginnt das Ritual der morgendlichen Unnatürlichkeiten. Der Mix aus elektrischem Licht, Rasierapparat, Warmwasser, Tuben-pasten, Schäumen, Sprays und Seifen bringt ihn in die Nähe der zur Zeit normierten gesellschaftsfähigen Akzeptanz. Jetzt darf er sich, zumindest äußerlich als ein Individuum fühlen.

In die Routine des Ankleidens brechen sich erste Gedanken in gewohnter Unordnung ihre Bahn. „leise sein, Frau und Kinder schlafen noch“, „was muss heute in der Firma erledigt werden?“, „verdammt, wo ist meine Armbanduhr?“, „ach ja, mein Schlüs-selbund steckt noch auf der Tür“. Es ist dunkel und kalt, als er das Haus verlässt. Bäume, Sträucher und Gebäude wirken eher düster und bedrohlich, jedoch das Zwitschern der Vögel und die Klarheit der Sterne öffnen auch die Tür der positiven Wahrnehmungen.

Das Motorengeräusch seines gestarteten Auto´s kommt ihm in der Garage unwirklich und übernatürlich laut vor. Rückwärts setzt er das Auto in Gang, fährt die Auffahrt herunter bis auf die Straße, legt den Vorwärtsgang ein und fährt davon.

Das Dorf schläft noch. Nur vereinzelte Lichter flimmern unwirklich in der Dunkelheit. Noch ist er nicht in der Realität angekommen. Das Fahren läuft eher automatisch ab und auch die Wegstrecke findet nicht die notwendige Aufmerksamkeit. Zäh aber mit steigender Intensität erwacht seine Wahrnehmung.

Wie oft hat sich dieser Ablauf in seinem Leben schon wiederholt und wie oft wird er sich noch wiederholen? Wozu ist das alles gut? Er fühlt sich wie in einer Schleife aus der es kein Entrinnen gibt. Er hat das unangenehme Gefühl, dass es nicht so läuft wie es laufen sollte. Er muss Dinge tun, für die er sich zwar grundsätzlich entschieden hat aber die nicht seinem derzeitigen Wollen entsprechen. Er nimmt sich vor seine Lage einmal grundsätzlich zu überdenken.

Im Zwielicht kann er einen Radfahrer schemenhaft erkennen. Weiter entfernt rückt die Betriebsbeleuchtung seiner Firma in sein Blickfeld. Kurz darauf fährt er auf den Parkplatz. Ein neuer Arbeitstag beginnt.

Verfasser: Alex Palm im April 2016





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