Sonntag, 15. November 2015

Autobiografie Seite 22



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Eintritt in das Erwachsenenalter, Familienstatus und Weiterbildung.
                  
Am 31. März ist die Dienstzeit bei der Bundeswehr endlich zu Ende.

Auf dem Nachhauseweg, in der Nähe  von Bad Salzuffeln, gibt mein Ford seinen Geist auf. Ich muss die letzte Rückfahrt (so wie alles begann) wieder mit der Bahn zurücklegen. Aber das ist mir jetzt alles Scheiß egal, es geht nach Hause. 



Und die schönste Nachricht der ganzen Welt, trage ich schon wochenlang mit mir herum, meine Frau ist schwanger. Wir werden für unsere Trennung voll entschädigt. Nach langer Zeit mal wieder etwas sehr Positives. Ich glaube es kann niemand glücklicher sein, als ich.

The dark side of the moon.  Queen.  Pink Floyd hat die Lücke der Beatles endgültig geschlossen.

Ich kaufe mir einen VW-Käfer und arbeite wieder in Mariadorf in der mha.



Die Elektrowerkstatt in Mariadorf bestand aus zwei Etagen. Unten war die Werkstatt mit jede Menge Werkbänken und Werkzeug- sowie Materialspinden. Im oberen Teil, der über eine Treppe erreichbar war befand sich hinter großen Glasscheiben das Meisterbüro mit zwei Schreibtischen. An einem Schreibtisch saß unser Meister Hermann Küppers (der auch ein Elektrogeschäft auf der Blumenratherstraße sein eigen nannte) und an dem zweiten Schreibtisch saß unser Vorarbeiter Hubert Simons. 

Insgesamt gab es 9 Elektriker und 2 Schlosser. Vor dem Meisterbüro gab es widerum Werkbänke und mehrere Stühle die wir zur Pause benutzen durften. Den Meister hatte ich immer schon beneidet um seinen tollen Job. So einen Job wollte ich auch haben.

Wie ich hörte, hatte mein Arbeitskollege Werner sich, während meiner Bundeswehrzeit, für die Berg-Vorschule beworben. Ich beginne mich ebenfalls für die Laufbahn zum Steiger zu interessieren. Obwohl mir durch die Bundeswehr 15 Monate Berufserfahrung entgangen sind, traue ich mir zu, den schulischen Anforderungen der Bergschule gerecht werden zu können. Was Werner kann, kann ich schon lange.

Nach einem Gespräch mit dem Ausbildungsleiter Mirbach bin ich überzeugt, dass die Steiger-Schule mein nächstes großes Lebensziel ist. Ich bewerbe mich für die Aufnahme in die Berg-Vorschule. Nach einem Intelligenztest im September werde ich in die Berg-Vorschule aufgenommen. Ab jetzt heißt es, neben dem Beruf, dreimal in der Woche Abendschule.

Für mich ist dieser Einstieg in die Berg-Vorschule doppelt schwer, da alle anderen Teilnehmer mir ein Jahr voraus sind. Jedoch schon in meinem ersten Halbjahreszeugnis kristallisiert sich heraus, daß ich zu den drei besten Schülern des Schuljahres gehöre.

Der Steiger ist eine Aufsichtsperson im Bergbau. Er trägt Verantwortung für einen Teil des Bergwerks und die ihm unterstellten Personen. Der Name wird abgeleitet von der früheren Tätigkeit des Steigers, dem steten Steigen und Einfahren in die Gruben. Der Steiger wird in einem sehr populären Bergmannslied, dem Steigerlied (Glück auf, Glück auf, der Steiger kommt), besungen. Es gibt Steiger für den Bergbau, Maschinensteiger und Elektrosteiger. Die Ausbildung dauert 6 Semester auf einer Bergschule. Die Bergschule ist eine spezielle Fachhochschule für den Bergbau. Der Abschluss war bis 1976 Ingenieur, danach staatlich geprüfter Techniker. In einem zweiten Zeugnis speziell für die Bergwerksdirektionen wurden dem Absolventen der Bergschule die technische und geschäftliche Befähigung zum Steiger bescheinigt.

Ab sofort stelle ich das Haschisch-Rauchen ein, da ich eigene Ziele ausleben kann.

Zweimal bemüht sich der Elektro-Fahrsteiger Kraus vom Übertagebetrieb der Grube Emil Mayrisch zu mir ,während meiner Arbeitszeit. Beide male versuchte er mich für Emil Mayrisch zu gewinnen. Ich hätte sofort eine Lohngruppe mehr bekommen können. Aber ich hatte mich nun schon für die Weiterbildung zum Steiger entschieden. Schweren Herzens akzeptierte er meine Entscheidung nicht ohne mich darauf hinzuweisen, dass ich als Steiger dann natürlich auch auf Emil Mayrisch Übertage anfangen könne.

Nicht nur plötzlicher Wissensdurst, sondern die Verantwortung für meine zukünftige Familie, sowie deren finanzielle Absicherung und der Konkurrenzkampf (intellektuell) mit meinem Arbeitskollegen  Werner sind die Hauptentscheidungskriterien für mich, die Laufbahn zum Steiger zu wagen.

Meine Verdienstbescheinigung wegen AFG* geht zum Arbeitsamt Aachen. Zuletzt verdiente ich als Elektriker Brutto ca:1700,00 DM im Monat.

Ein Steiger im Anfangsgehalt verdiente vergleichsweise ca. 2600,00 DM Brutto. Bei so einem Verdienst wäre die Ernährung einer Familie kein Problem mehr.

 *AFG  Arbeitsförderungsgesetz in Deutschland, löste 1969 das Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung aus dem Jahr 1927 ab und war bis zum 31. Dezember 1997 Grundlage des Arbeitsförderungsrechts

Dieses Geld (1700 DM) reicht nicht, eine Familie zu ernähren. Von dem kargen Netto-Verdienst muss weiterhin als allererstes die Miete an meine Eltern bezahlt werden. Von Unterstützung, wie sie z.B. Werner von seiner, viel ärmeren, Familie erfährt, kann keine Rede sein. 

Nur durch die Unterstützung der beiden Omas und meiner Schwiegereltern kann diese Phase überwunden werden. Für ihre uneigennützige Hilfe (Interesse, Loyalität, Menschlichkeit, Anteilnahme aber auch Lebensmittel, Bekleidung und auch Geld) werde ich diesen Menschen mein Leben lang dankbar sein. Gegenseitig Anerkennung, Respekt und Liebe sind Attribute die mich mit diesen Menschen verbinden.

Am 29. Oktober wird unser Sohn  Michael  geboren. Meine Freude kann man nicht beschreiben. Ich bin Vater  und begreife es überhaupt nicht. Stolz, Freude, Glück sind die bestimmenden Gefühle.

Wir haben zum erstenmal etwas eigenes was uns niemand wegnehmen kann. Wir versprechen uns, für diesen Jungen alles zu tun. Meine Frau ist völlig vernarrt in den Kleinen und überglücklich. Ich frage mich ernsthaft, wann hatte je ein Kind, eine solch perfekte Mutter? Ich jedenfalls ganz sicher nicht.

Wir nehmen uns vor, unserem Sohn alle Erziehungsfehler (die man besonders bei mir gemacht hatte) zu ersparen und ihm immer Liebe, Hilfe und Unterstützung zukommen zu lassen. Es soll in unserem Leben nichts wichtigeres geben als unsere Liebe und unser Sohn.


Die Pornographie wird für Erwachsene freigegeben. Ich habe große Bedenken, ob die Menschen damit vernünftig umgehen können.

In der Formel I bestimmen folgende Namen das Geschehen:

Ronny Petterson, Niki Lauda, Jackie Stewart, Graham Hill, Jody Chekter, Toni Surtees, Wilson Fittipaldi und Carlos Reutemann.

Günter Wallraff steht zu seiner Meinung "ich will Unruhestifter und Zersetzer sein", sein Buch "ihr da oben - wir da unten" ist der Renner schlechthin. Besonders köstlich die Aufdeckung der faschistisch bestimmten Hierarchie im Gerling-Konzern.

8. April, Picasso stirbt. Trotz größter Anstrengung meinerseits konnte ich an seinen Bildern keine Kunst erkennen.

Zum vierten mal in 25 Jahren ist Israel im Krieg mit seinen Nachbarn.

Arabien drosselt die Öllieferungen an israel-freundliche Staaten. Die Bundesregierung verhängt an drei Sonntagen ein allgemeines Fahrverbot. Langsam setzt sich in der Bevölkerung die Erkenntnis durch, dass Energiereserven nicht unerschöpflich sind.

16. Mai, Rainer Barzel tritt nun, nach dem Rücktritt als Fraktionsvorsitzer, auch vom Parteivorsitz zurück.

20. Juli, Bruce Lee stirbt im Alter von 32 Jahren.

Otto Walkes, Alfred Tetzlaff und Derrick sind zum erstenmal im Fernsehen zu sehen.




Charts 1973


The Sweet - Blockbuster
Kincade - Dreams Are Ten A Penny
Albert Hammond - The Free Electric Band
Suzi Quatro - Can The Can
Gilbert O'Sullivan - Get Down
Cher - Half Breed   
The Sweet - Ballroom Blitz
The Sweet - Hell Raiser
Lobo - I'd Love You To Want Me
Cliff Richard - Power To All Our Friends
Oliver Onions - Flying Through The Air
Osmonds - Crazy Horses
Elton John - Crocodile Rock
Slade - Cum On Feel The Noize
Wizzard - See My Baby Jive
Osmonds - Crazy Horses
Thin Lizzy - Whisky In The Jar
Rolling Stones - Angie
Slade - Gudbuy T'Jane
 

Deutscher Fußballmeister in der Saison 1972/1973 ist wieder der
                                             FC Bayern München



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