Freitag, 13. November 2015

Autobiografie Seite 7




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Die Kindergartenzeit, geht weiter. Ich bin jetzt 5 1/2 Jahre. In diesem Alter geraten viele Kinder in den Ödipuskonflikt. Ich auch, jedoch nicht mit übertriebener Stärke.

Von einem Ödipuskomplex spricht man dann, wenn eine übermäßige Bindung des Sohnes an die Mutter und Eifersucht gegen den Vater, zu Schuldgefühlen und anderen emotionalen Konflikten führt.

Da ich nie eine übermäßige Bindung an meine Mutter hatte, empfinde ich auch keine große Eifersucht auf meinen Vater. Dieser Tatsache verdanke ich es, daß sich keine angstneurotischen oder hysterischen Charaktermerkmale bei mir ausbilden.

Trennungsängste gegenüber den Eltern sind mir fremd. Im Gegenteil, ich bin über jede Sekunde froh, die mich ihrer Kontrolle entzieht.

Zu meinem Glück ist mein Vater so sehr mit sich selbst, seinem Beruf, seiner Karriere, seiner Partei, seinem Karnevalsverein usw. beschäftigt, daß sich für mich die Freiräume außerhalb seiner Kontrolle vergrößern. Sein gelebter Egoismus kommt mir jetzt zugute.

Meine Mutter kann mich nicht immer kontrollieren, da sie kaum einmal aus dem Haus herauskommt. Gespräche mit den Eltern, bzw. Diskussionen zur Konfliktbewältigung finden nur selten statt und wenn, werden meine Konflikte ins Lächerliche gezogen.

Die Eltern können nicht auf mich eingehen, sondern sind ausschließlich darum bemüht ihre Regeln, Wertvorstellungen und Tabus auf mich zu übertragen. Dieses Verhalten ruft in mir Schuldgefühle und das Gefühl, unerwünscht in die Erwachsenenwelt eingedrungen zu sein, hervor. Mit diesen Schuldgefühlen geht für mich die infantil-genitale oder phallische Phase zuende. Ich komme mir ungeliebt vor.

Ich trete nun in die Latenzzeit ein. Es kommt zur Ausbildung des Über-Ich´s d.h. ich versuche die Gebote der Eltern zu verinnerlichen. Zugleich hilft mir die Identifikation mit dem gleichgeschlechtlichen Elternteil hoffen, später auch eine eigene Frau zu bekommen.
Die latente Phase wird sich über das 6. Lebensjahr bis hin zum 11. Lebensjahr erstrecken.  Es ist die Zeit in der ich mich am wenigsten sexuell betätige.

Ich interessiere mich dafür, wie Dinge funktionieren und wie sie funktionieren sollen. Diese Phase ist durch das Formulieren von Regeln, durch Organisieren, Ordnung und Betriebsamkeit gekennzeichnet.

Meistens werden meine Anstrengungen jedoch als dumm, frech oder störend hingestellt und deshalb entwickelt sich bei mir ein Gefühl von Minderwertigkeit.


Die sozialen Effekte in der Gleichaltrigengruppe des Kindergartens kompensieren dieses Gefühl jedoch, so daß es nicht zu wirklichen Minderwertigkeits-Komplexen kommt.

In der Kindergartengruppe interessiere ich mich besonders für zwei Mädchen. Es sind dies Margot  und Hildegard.

Margot, weil sie so lieb und schüchtern ist. Ich muß sie unbedingt unter meinen Schutz stellen. Damit ihr die anderen Kinder nichts tun, nutze ich jede Gelegenheit zu zeigen, daß Margot und ich gute Freunde sind. Das geht soweit, daß ich sie nach Ende des Kindergartentages auf meinem Rädchen nach Hause fahre.

Bei Hildegard fasziniert mich ihre Tierliebe. Sie hat ein eigenes Ponny. Ihren Eltern gehört das Lebensmittel-Geschäft auf der Aachenerstraße. Nachdem ich Oma Otti einiges über Hildegard erzählt habe, kann ich es erreichen, daß sie mit ihrem Ponny zu mir kommen darf. Wir spielen ab da oft zusammen bei uns im Garten und das Ponny hat auf der großen Wiese mit den Obstbäumen immer genug zu essen.

Wenn wir uns unterhalten sind die Hauptthemen, der Kindergarten und die immer bedrohlicher heranrückende Schulzeit.




 
Gute Freunde in dieser Zeit sind für mich Norbert, Gerhard  und Hansi. Wir spielen oft zusammen Fußball oder rodeln im Winter zusammen.

Musik in dieser Zeit:  der lachende Vagabund, Capri-Fischer,                                                Heimweh.

Es stellt sich bei mir eine angstvolle Erwartungshaltung gegenüber der Schule ein, da von den Eltern immer wieder betont wird, dass nun endlich "der Ernst des Lebens" beginne. Denn merke "das Leben ist nicht zur Freude da, sondern es muß erlitten werden".


 
Da meine Mutter sich, wegen ihrer Krankheit, nicht mehr freuen kann, dürfen alle anderen Menschen auch kein Gefühl von Freude erleben. Ich realisiere, Freude ist etwas schlimmes, verwerfliches.

Es ist mir unmöglich, die Erleichterung zu schildern, die beide Elternteile zum Ausdruck bringen, als endlich die Schulzeit für mich beginnt.

Lernen, lernen, lernen soll jetzt nur noch wichtig sein. Sauberkeit, Ordnung und Fleiß sollen ab jetzt meine Lebensinhalte sein. Das bequeme Leben soll
endlich ein Ende haben und „wage es nicht "uns" Schande zu machen, denn dein Vater ist ein honoriger Mensch, geachtet in Partei, Gewerkschaft und Vereinen“.

All diese Äußerungen waren bestimmt nicht geeignet mein Interesse an der Schule zu wecken oder mir die Schule als etwas gutes vorzustellen, jedoch welches Schulsystem ich wirklich antreffen würde, war zu diesem Zeitpunkt für mich unvorstellbar. Im Nachhinein muss ich sagen, der Lehrstoff war noch einigermaßen in Ordnung jedoch die Lehrer waren leider keine Pädagogen.


        



         Papst Pius der 12 stirbt.




         Elvis Presley absolviert seine Wehrdienstzeit in Deutschland
         (Hessen)




















































































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