Freitag, 13. November 2015

Autobiografie Seite 6



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Meine Kindergartenzeit beginnt.

Ich befinde mich in einer Phase unermüdlicher Wissbegierde, was Größen-unterschiede im allgemeinen  und die Geschlechtsunterschiede im besonderen betrifft.

                                                              



In der Kindergartengruppe kann ich endlich Initiative entwickeln. Dies äußert sich vor allen Dingen in Gemeinschaftsspielen. Ich trete in den Wettkampf mit den anderen Jungen ein und erziele dabei gute Ergebnisse. Nach einer gewissen Zeit, stellt sich eine Hackordnung ein,  bei der ich ziemlich vorne liege.


Da meine Mutter unter MS leidet, kann sie mich nicht zum Kindergarten bringen, so wie das alle anderen Mütter tuen. Dies bewirkt in mir ein Gefühl von Freiheit und steigert mein Selbstbewußtsein.

Es ist zwar nur ein relativ kurzer Weg bis zum Kindergarten, aber dieser Weg wird mir immer in positiver Erinnerung bleiben.

Raus aus dem zwanghaften Elternhaus, 20m rechts die Gartenstraße entlang, dann endlich im Gäßchen, nicht mehr unter Beobachtung.






Die ersten 50m trödeln (kein Zeitdruck), Vögel, Spinnen, Schnecken bestaunen. Krämers Katze schleicht über das Grundstück, auf Mausefang.  Dann rechts aus der Gasse raus in die Michaelstraße. Die letzten 50m an den Schaufenstern der Geschäfte Lenz und dem Schuster Emmunds vorbei, natür-lich nicht ohne in die Auslage gesehen zu haben. Die Dekoration wechselt ständig, deshalb ist sie für mich interessant. Dann bin ich im Kindergarten und kann meine Jacke an meinem Garderobenhaken (mit dem Schneemann-Bild) aufhängen.

Der Kindergarten ist für mich die erste Form des Zusammenlebens in einer Gleichaltrigengruppe. Sie bietet Schutz und eine gewisse Ausgleichsfunktion zum Elternhaus.

Zwar werden wir erzogen (gezwungen) in erwachsenenbestimmten Sozialgebilden zu agieren jedoch die Zumutungen der Erwachsenen (hier die Kindergärtnerin, und Schwester Dominika) führen bei mir zwangsläufig zur Suche nach Verhaltenssicherheit gewährenden Formen der Beziehungen und des Zusammenlebens in der Gleichaltrigengruppe. Die Gruppe der Gleichaltrigen wird zur Hauptquelle für die Vermittlung von Sicherheit und Status.

Die Gruppe bietet Rückhalt gegenüber dem Anpassungsdruck der Er-wachsenen und Verständnis für die Probleme, die sich aus Sexualität und Wachstum ergeben.

Meine innere Welt, die ich mir bis jetzt gebildet habe, wird bis zu meinem Lebensende eine gewisse Macht über mich haben.


Mein kindliches streben nach Autonomie und Abgrenzung wird sowohl von den Eltern als auch von den Erziehern als Trotz oder Unartigkeit (miss)ver-standen. Autonomie ist ja bekanntlich der Zustand, in dem ein Mensch in voller Übereinstimmung mit seinen Gefühlen und Bedürfnissen lebt.

Da ich weder Gefühle noch Bedürfnisse haben darf, findet der Schritt zur Autonomie vorerst noch nicht statt, im Gegenteil, meine Erziehung wird voll nach den Verhaltensmustern der von Hitler versauten Jugend aufgebaut.

Zur Verdeutlichung der Perversitäten des NS-Erziehungsprogramms zum Herrenmenschen, hier einige Auszüge:

„das schwache muß weggehämmert werden. Ich will eine gewalttätige, herrische, unerschrockene, grausame Jugend. Sie muß Schmerzen ertragen. Ich will keine intellektuelle Erziehung. Mit Wissen verderbe ich die Jugend. Aber Beherrschung müssen sie lernen. Aus ihr wächst die Stufe des freien, des Gottmenschen“.







Durch Eltern, wie meine, d.h. durch dominante, frustrierende und be-ziehungsunwillige Eltern, wurden die Konflikte der 68´er Jugend erst ausgelöst, aber dazu später mehr.

Irgendwie stand den Eltern ihre eigene Erziehung ständig im Weg.

In ihrer Kindheit galt das Prinzip "ein Kind darf auf keinen Fall verzärtelt und verwöhnt werden". Wenn das Kind weint, dann darf die Mutter es nicht aufnehmen, sondern soll es schreien lassen, bis es erschöpft ist.

Aus der Unsicherheit, der Angst etwas falsch zu machen, entstand die Lieblosigkeit meiner Eltern. Sie waren einfach ungeeignet, mich zu einem autonomen Menschen zu erziehen.

Für mich sollte genau das gelten, was sie eingetrichtert bekamen. Kinder hatten nunmal keine Rechte. Widerworte wurden im Keim erstickt.

Sie wurden zu folgsamen Untertanen des Staates erzogen. Besonders die Mädchen, die späteren Mütter, lernten schnell ihr Rollenbild, sich auf eine dem Manne untergeordnete Rolle vorzubereiten.

Für diese Degradierung brauchten die Mütter dann ein Ventil, und das waren die eigenen Kinder.

Die Verdrängung ihrer armseligen Jugend, das Verleugnen ihrer Führertreue, das sich darstellen als "Opfer", frustrierte sie so, daß sie ihr Fehlverhalten auf uns Kinder übertragen wollten um es dann in uns zu bekämpfen. Doch dieses funktionierte bei mir nicht.

Ich sehe jetzt immer häufiger Autos auf den noch ungeteerten Straßen in der Begau fahren. Meist sind es Goggo, Fiat, Loyd, NSU, VW.





21.1  Ein halbes Jahr, nachdem der Bundestag die allgemeine Wehr-
         pflicht beschlossen hat, werden die ersten 100000 Wehrpflich-
         tigen gemustert.

4.4    Es finden die ersten Massenimpfungen gegen Kinderlähmung
         statt, 1956 waren 4159 Menschen daran erkrankt.

7.8    Mit 65 Jahren stirbt der große Oliver Hardy, besser als "Dick"
          von "Dick und Doof" bekannt.

18.9   In Berlin wird die "schwangere Auster", die Kongreßhalle er-
          öffnet.

4.10   Die Sowjetunion schickt ihren ersten Satelliten "Sputnik 1" in
          das All. Die Eroberung des Weltraums beginnt.

1.11    Die Edelnutte Rosemarie Nitribitt wird tod in Frankfurt aufge-
           funden, erwürgt.

Zum drittenmal nach 1945 gewinnt die CDU/CSU die Bundestagswahl,
diesmal mit absoluter Mehrheit 50,2%

























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